Zeitzeugin besucht 9c
In Zeiten der politischen Diskussion über wachsende antisemitische Tendenzen kommt Schule ein wichtiger Auftrag zu. Die obligatorische Auseinandersetzung mit dem GL-Thema „Das Dritte Reich“ nutzte GL-Lehrerin Monika Koch, um die Buchautorin und Zeitzeugin Neomi Naor in den Unterricht einzuladen. Frau Naor hat persönliche Berichte und Dokumente zusammengetragen und damit dafür gesorgt, dass die Menschen und ihre Schicksale nicht in Vergessenheit geraten. Diese Erinnerungen hat sie zu einem Buch verarbeitet, das 1994 veröffentlicht wurde („Erinnerung - Eine Dokumentation über die Jüdinnen und Juden in Düren von 1933 bis 1945“).
Die Autorin, die ihre Großeltern in Auschwitz verlor, hat dafür mit Jüdinnen und Juden, die früher in unserer Region lebten, darüber gesprochen, wie es ihnen und ihren Familien in der Zeit des Nationalsozialismus in Düren und Umgebung ergangen ist. Damals gab es noch viele jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Düren, die ausgegrenzt wurden und schließlich ihre Wohnungen und Geschäfte an sog. Arier verloren. Wenige konnten in andere Länder ausreisen, viele verloren ihr Leben. Heute erinnern Stolpersteine an ihr Schicksal - aber der Besuch von Frau Naor zeigte, dass die persönliche Konfrontation mit diesen Schicksalen noch eindrücklicher ist.
In der Stunde durften die SchülerInnen der Klasse 9c aus dem Buch „Erinnerungen“ vorlesen und mit der Autorin darüber sprechen. Zudem berichtete Frau Naor der Klasse von einzelnen Schicksalsschlägen. So auch davon, wie in der damaligen Zeit jüdische Kinder und Jugendliche in Dürener Schulen ausgegrenzt wurden. Keiner wollte etwas mit „den Juden“ zu tun haben. Und sie berichtet von der Reichskristallnacht, in der die Dürener Synagoge - von der viele gar nicht mehr wissen, wo sie stand bzw. dass es sie überhaupt gab - angezündet und niedergebrannt wurde. Die bereit stehende Feuerwehr schützte lediglich die Nachbarhäuser vor einem Übergriff der Flammen.
Den SchülerInnen wurde im Gespräch klar, welche unmittelbaren Folgen der Nationalsozialismus auch in ihrer Heimat hatte. Die unmittelbare Nähe einer Zeitzeugin sorgte für erhöhte Aufmerksamkeit. „Es war bemerkenswert und emotional, solche Informationen aus erster Hand zu bekommen!“, meint Robert Diedrich.
Die Wichtigkeit dieses Treffens ist für Lehrerin Monika Koch fraglos: Antisemitismus gibt es heute immer noch - oder schon wieder. „Da viele junge Menschen keinen Bezug mehr zu der damaligen Zeit haben, drohen bspw. Witze über Juden und Nazisprüche „gesellschaftsfähig“ zu werden.“, sagt sie. Umso wichtiger sei es in der heutigen Zeit die Jugend noch emotional zu berühren.
Der Besuch der Zeitzeugin hat in jedem Fall auf einige Schülerinnen und Schülern Eindruck gemacht. Benjamin Lenzen und Robert Diedrich waren beeindruckt: „Der Besuch von Frau Naor war schon ein besonderes Erlebnis, das viele von uns zum Nachdenken angeregt hat.“