Vernetzung der Weltethos-Schulen Gymnasium Taucha und Gesamtschule Niederzier/Merzenich
Entwicklung eines Schulethos
Weltethos und Weltethos-Schule
Die Idee eines Weltethos wurde erstmals von dem Tübinger Theologen Hans Küng im Jahr 1990 publiziert. Er geht davon aus, dass friedliches Zusammenleben gelingen kann, wenn die Menschen sich auf grundlegende ethische Werte besinnen, die sich in allen großen Religionen finden, und danach leben. Dies sind die Weisungen:
- Achtet und liebet einander!
- Hab´ Ehrfurcht vor dem Leben!
- Handle gerecht und fair!
- Rede und handle wahrhaftig!
Ergänzt werden diese durch die Forderung der Einhaltung der Menschenrechte und die Goldene Regel „Behandle andere Menschen so, wie auch du behandelt werden möchtest“ oder sprichwörtlich „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu!“.
Dieses ethische Konzept kann auch für Schulen sinnvoll sein und so entstand die Idee der Stiftung Weltethos in Tübingen, die Auszeichnung „Weltethos-Schule“ ins Leben zu rufen. Ausgezeichnet werden Schulen, die die Idee des Weltethos nachhaltig in ihr Schulprogramm integrieren und ihr Zusammenleben in der Schulgemeinde daran ausrichten.1
Die Gesamtschule Niederzier/Merzenich wurde im Jahr 2014 als erste Schule in NRW vom Generalsekretär der Stiftung, Stephan Schlensog, als Weltethos-Schule ausgezeichnet, das Gymnasium Taucha folgte als erste Schule in Ostdeutschland 2015. Schon früh entstand die Idee, eine Partnerschaft der beiden Schulen aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen zu initiieren. Zu einem ersten Treffen kam es im September 2016, als Schülerinnen und Schüler aus Sachsen mit begleitenden Lehrerinnen und Lehrern am SV-Wochenende2 der Gesamtschule Niederzier/Merzenich teilnahmen. Nach diesem ersten Kennenlernen entstand der Wunsch, ein weiteres Treffen zu organisieren.
Das Treffen fand vom 26.-28.4.2018 im Kloster Helfta in der Lutherstadt Eisleben statt. Im diesem Rahmen erarbeiteten die Schülerinnen und Schüler aus Taucha und Niederzier ein Schulethos auf der Grundlage der Idee des Weltethos, das in den nächsten Monaten in beiden Schulen implementiert werden soll.
Vernetzungstreffen Kloster Helfta 26.-28. April 2018
Zehn Schülerinnen und Schüler aus Taucha und elf aus Niederzier verbrachten zusammen mit vier begleitenden Lehrerinnen und Lehrern, Walter Lange (freier Mitarbeiter der Stiftung Weltethos) und Sebastian Römisch (Solooboist der Staatskapelle Dresden) im Kloster Helfta eine arbeitsreiche, interessante, gemeinsame und gute Zeit. Eine Teilnehmerin kommentierte dies so: „Was hier geschieht, ist gelebtes Weltethos."
Am Donnerstagabend stellte Sebastian Römisch den Teilnehmern den Verein BIRD (Bündnis interreligiöses Dresden) vor. Angereichert mit Ausschnitten aus vergangenen interreligiösen Konzerten machte er deutlich, wie sich dieses Bündnis für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen einsetzt.
Am Freitagmorgen nahmen alle am morgendlichen Gebet der Schwestern teil, das Sebastian Römisch mit einem Stück aus Tristan und Isolde abschloss. Anschließend musizierte er mit den Schülerinnen und Schülern.
In der Arbeitsphase bis zum Mittag wurde ein Schulethoserarbeitet.
Die im Vorfeld erstellte Vorlage wurde von den Teilnehmern stark überarbeitet, sodass jetzt eine Version von Schülerinnen und Schüler für Schülerinnen und Schüler vorliegt, die aber auch Erwachsene anspricht. Inhaltlich werden die wesentlichen Aspekte des Weltethos aufgenommen. Die Texte sind anschließend von Frau Bothe mit Piktogrammen versehen worden.
Gemeinsam wurde der abschließende Textentwurf erstellt.
Der Freitagnachmittag stand unter dem Thema „Eine Managerin steigt aus“. Schwester Mechthild berichtet von ihrem Weg ins Kloster. Die faszinierten Jugendlichen hatten anschließend noch viele Fragen, die Schwester Mechthild sehr offen und umfassend beantwortete.
Vor der Abreise am Samstag fand noch ein gemeinsames Frühstück statt.
Weiteres Vorgehen
In den nächsten Wochen werden die Schülerinnen und Schüler das Schulethos in allen schulischen Gremien vorstellen, um es abschließend in einem feierlichen Akt als verbindliche für die gesamte Schulgemeinde zu verabschieden.
Ausblick
Die Partnerschaft der beiden Schulen wird fortgesetzt werden.
Ein nächstes Treffen ist noch nicht terminiert, wird aber sicher im nächsten Jahr stattfinden.
Vielleicht kann diese Initiative der beiden Schulen aus Nordrhein-Westfalen und Sachsen, die sich gemeinsam für ein Schulethos und damit für eine Schule einsetzen, die für alle Schülerinnen und Schüler ein Ort der Sicherheit, Geborgenheit und des friedlichen Zusammenlebens sein soll, ein Beispiel für andere Schulen sein, ein Schulethos zu entwickeln.
Wir haben uns auf den Weg gemacht. Sicherlich gibt es an unseren Schulen immer mal wieder Verhaltensweisen, die gegen das Schulethos verstoßen, doch wird die Idee eines gemeinsamen Ethos immer mehr gelebt und wird zu einem tragenden Element des Schulklimas. Immer mehr Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und Eltern setzen sich ein und schauen nicht weg.
Wir hoffen, dass unser Schulethos keine Utopie bleibt, sondern als unser gemeinsamer Traum eines gelingenden Zusammenlebens Wirklichkeit wird. So setzen wir uns dafür ein, „dass sich ein solches Schulethos nicht im Deklaratorischen erschöpft. Es muss für alle Beteiligten erfahrbar werden, muss immer neu eingeübt werden und muss sich im Alltag immer wieder neu bewähren: als Wertebasis, die auch unter den vielfältigen Herausforderungen und Belastungen des Schulalltags trägt und die selbst in schwierigen Entscheidungssituationen Orientierung zu geben vermag.“3
Treffen der beiden Schulen 2018
1 Zu den Kriterien vgl. www.weltethos.org. Hier findet sich auch Verzeichnis aller Weltethos-Schulen mit ihrem jeweiligen Profil.
2 Hier treffen sich einmal im Jahr alle Klassen-/StufensprecherInnen und ihre StellvertreterInnen (ca. 80 Personen) und arbeiten mit Lehrerinnen und Lehrern an zwei Tagen an verschiedenen Themen.
3 Küng, Hans, Handbuch Weltethos, München 2012, S.131.