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Theatermonteure mit sozialkritischem Stück an der Gesamtschule
Die Art der Darstellung war für viele Mittelstufenschüler unserer Schule neu. Denn in ihrem Stück "Bleichgesicht" schlüpften Thomas Marey und Karoline von Lüdinghausen in sehr unterschiedliche Rollen, Marey spielte merkwürdige Instrumente und die Sprechrollen wurden nicht nur von Menschen, sondern auch von Kassettenrekorder und Keyboard übernommen. "Es war nicht leicht für uns nachzuvollziehen, welche Rolle die Schauspieler gerade spielten", sagte Patrick Schneiders.
Doch gerade durch diese Art der Inszenierung brachten die Theatermonteure aus Köln das Publikum in der Aula dazu, eine Stunde lang der Geschichte vom Bleichgesicht fasziniert und konzentriert zu folgen. Thematisiert wurde "eine wahre Geschichte zum Thema Rassismus", wie Regisseur Joachim von der Heiden erklärt. Das Ensemble hatte in der Zeitung vom Schicksal eines dunkelhäutigen britischen Bauarbeiters erfahren, der auf einem Wochenendtrip in der Nähe von Berlin Opfer einer sinnlosen Attacke deutscher Jugendlicher wurde. John ist seitdem halbseitig gelähmt, die Täter aber trotz Haftstrafe keineswegs einsichtig.
"Wir spielen dieses Stück zwar seit 1996, aber an Aktualität hat es kaum verloren", erklärte von der Heiden den Schülern im anschließenden Gespräch.
Im Mittelpunkt des Stücks stand die Liebesgeschichte eines jungen Mädchens und ihrem Freund John. Ihre Gefühle für den jungen Mann, in den sie sich auf einem Jahrmarkt verliebt hatte, wurden von Karoline von Lüdinghausen eindrucksvoll dargestellt. Aber ihre Liebe kann sich nicht entfalten, denn John ist in Deutschland ungeahnten Gefahren ausgesetzt. Collageartig spielten die Schauspieler immer wieder die Fakten ein, die zu Johns Unfall führten: "So große Langeweile, dass man den Fliegen die Beine ausreißt" prägt nämlich das Bild der Jugendlichen in Marlow bei Berlin. Die einzige Flucht aus dieser Langeweile ist Aggression: "Der Hass brennt im Gedärm" der 16- bis 18-Jährigen. Und dieser Hass entlädt sich vor allem am Fremden: "Wir brennen alles nieder, was anders ist als wir" und "Scheißnigger" riefen die Schauspieler immer wieder provozierend ins Publikum, um die Gewaltverbrechen darzustellen.
In der auf die Aufführung folgenden Diskussionsrunde mit den Schauspielern wurde deutlich, dass manche Schüler diese Verbalattacken zuerst nicht richtig einordnen konnten und sich sogar über die Beschimpfungen beschwerten. "Daher war es wichtig, am Ende noch einmal die Zielsetzung des Stückes zu klären", befand Joachim von der Heiden. Insgesamt regte das Stück die Schüler zu weiteren Gesprächen im Klassenverband an: "Auch die musikalische Vielseitigkeit hat viele Schüler beeindruckt", resümierte Klassenlehrer Guido Müller.
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- Geschrieben von Administrator
- Erstellt: 01. Januar 2004
- Zuletzt aktualisiert: 23. August 2018
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